Fritz Niederhofer

Von nackten Kaisern
und schönem Lernen

Reflexionen eines grenzgängerischen Lehrers

Über das Buch

Unserer Schule mangelt es an Empathie für die nächste Generation. Das beweist allein schon ihr autoritärer »Unterricht«. Denn der behandelt die LernerInnen in der Regel wie Objekte und geht mit ihnen um, als käme es nicht auf sie an. Diese Blindgängerei aber rächt sich. Deshalb braucht es dringend eine zukunftsbewusste Kurskorrektur.

In Zeiten wie diesen ist eine Lernkultur gefragt, welche die Betroffenen als Subjekte ernst nimmt und sich engagiert für die Entfaltung ihrer Persönlichkeit einsetzt. Das jedoch erfordert eine pädagogische Schubumkehr. Vornehmlich ein intelligentes Lernknowhow, das Gelingensbedingungen für echtes und lebendiges Lernen schafft. Für ein Lernen, das, mit Matthias Strolz gesprochen, den Lernerinnen und Lernern »die Flügel hebt«

Der Ich-Erzähler thematisiert ausgewählte Episoden seiner Lebensgeschichte, wobei er den Fokus auf seine Berufserfahrungen legt. Die Geschichte ist mehrdimensional. Sie verwebt Biographisches mit Pädagogischem, Sprachtheoretischem, Psychologischem sowie Gesellschaftskritischem. Was es mit den im Untertitel genannten »Grenzgängen« auf sich hat, erschließt sich aus der Zusammenschau.

€ 20,00 [A]
3. Auflage 2022
270 Seiten, Hardcover
Eigenverlag Fritz Niederhofer
ISBN 978-3-200-07970-0

Leseprobe

Selektionsapparat Schule

Unsere Schule leidet am Grundkonflikt unserer Gesellschaft, nämlich dem Widerspruch zwischen Demokratie und autoritär-hierarchischer Ordnung. Diese Gleichzeitigkeit macht sie schizophren. Einerseits muss sie als Zugeständnis an die Demokratie so tun, als sei sie eine Schule für alle, also gerecht und neutral. Andererseits ist sie gleichermaßen dem hierarchischen System verpflichtet. Für das hat sie am laufenden Band Gewinner und Verlierer zu produzieren.

Wer hat für dieses Tohuwabohu die Verantwortung? Zum einen die Machtträger der Gesellschaft. Denn die haben schließlich die Hand auf der Schule und zwingen sie – Demokratie hin oder her – zur autoritären Kontraproduktivität. Ihr Auftrag an die Schule, die gesellschaftlichen Neuzugänge zu managen, zu schichten und zu nützlichen Bürgern abzurichten, ist eine nüchterne Angelegenheit. Dieses Geschäft beruht auf knallharter Diversifizierung in Hinsicht auf die Ansprüche der gegenwärtigen hierarchischen Ordnung.

Zum anderen aber haben wir alle Mitverantwortung. Denn indem wir unseren gesamtgesellschaftlichen Auftrag zur Mitwirkung den Nutznießern der Verhältnisse überlas- sen, machen wir uns mitschuldig. Auf diese Weise wird unsere Schule mitten in der Demokratie ohne Gegenwehr zum Apparat für Selektion.

Den Knatsch zwischen dem demokratischen Anspruch und dem gegenläufigen Autoritarismus kaschiert die Schule schlitzohrig. Nämlich mit doppeltem Boden. 

Einerseits blufft sie die Öffentlichkeit scheindemokratisch, indem sie im Unterricht alle Schüler demonstrativ gleich und scheinbar objektiv behandelt. Seit jeher verkauft sie diesen Eintopfunterricht als faire Wissensvermittlung so erfolgreich, dass er in der Bevölkerung bereits geradezu als alternativlos durchgeht. Gleichzeitig aber betreibt sie im Verborgenen hinterhältige Subversion, die den »Normalunterricht« zum Gegenteil von fairem Unterricht pervertiert.

Bei Licht betrachtet kann man nämlich deutlich sehen, dass die gängige »Stoffvermittlung« im gnadenlosen Galopp unter Zeitdruck, ohne Rückkoppelung und ohne Ertragssicherung ein brutaler Schleudergang ist, wo vor allem die aus dem Milieu mitgebrachten Stärken und Schwächen der Schüler unter Extrembedingungen aus den Betroffenen für den Auftraggeber herauszentrifugiert werden. Das ist, obwohl es offiziell nicht so aussieht, Selektion vom Feinsten. Der so gewonnene Output wird schließlich mit Abrakadabra in Noten umgemünzt und mittels Zeugnissen nachhaltig amtlich gemacht. Fertig ist der Bluff, mit dem unsere Schule ständig den Status quo unserer Gesellschaft reproduziert.

Seit PISA steht unsere Schule in diesem Verruf. Wenn nach tausenden Stunden Schule voraussagbar immer wieder nur das Erwartbare herausschaut, dann muss man geradezu annehmen, dass die Schule gar nichts anderes kann als schichtspezifische Reproduktion. Und ihr ganzes Getue nur dazu da ist, diesen Umstand zu verschleiern.

Über den Autor

Der Autor, Jg. 45, war 14 Jahre lang Lehrer in verschiedenen Schultypen, vor allem in der Volksschule. Anschließend war er 13 Jahre lang als Professor für Schulpraxis und Deutschdidaktik an der Pädagogischen Akademie (heute Pädagogische Hochschule) in Wien 10 tätig. Im Zuge seiner Erfahrungen mit unserer heimischen Schule wuchs seine kritische Einstellung ihr gegenüber. Zunehmend beschäftigte er sich mit Alternativen zum herkömmlichen Betrieb. Dabei interessierte ihn vor allem die »evolutionäre« Weiterentwicklung unseres Systems, sozusagen seine Transformation von innen heraus!

Das sieht zwar wie die Quadratur des Kreises aus bzw. wie die Paradoxie, das Richtige im Falschen zu wollen. Aber ambitionierte LehrerInnen haben keine Wahl. Ihr Weg führt mitten durch das Dilemma.

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